Der Ur-Hamburger arbeitet im Naturschutzamt der Hamburger Umweltbehörde (BUKEA) und verantwortet dort die Umsetzung von Hamburgs Ausgleichsmaßnahmen, so auch für Oberbillwerder.
Schon als Schüler beobachtete Volker Dinse leidenschaftlich gerne heimische Vögel. Seine Diplomarbeit schrieb er über das Verhalten von Zugvögeln. Seit damals begeistert ihn die Feldlerche am meisten. Die Liebe zur Ornithologie führte ihn nach seinem Studium in den Dienst des Naturschutzamtes in der damaligen Hamburger Umweltbehörde, der heutigen Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA). Heute organisiert er von dort aus die städtebaulichen Eingriffe in die Natur.
Seit mehr als 20 Jahren engagieren Sie sich beruflich für den Naturschutz. Wie hat sich Ihre Tätigkeit im Laufe der Jahre entwickelt?
„Zuerst war ich im Bereich der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung tätig. Das war Anfang der 90er Jahre und ich war dort verantwortlich für die Belange des Naturschutzes bei der Bebauungs- und Fachplanung. Danach verschlug es mich für einige Jahre in den Vertragsnaturschutz. Ich hatte da einen guten und intensiven Austausch mit Landwirten im Außendienst, um Verträge zur naturnahen Bewirtschaftung zu verhandeln und um Vertragsflächen zu kontrollieren.“
Ab wann übernahmen Sie die Steuerung der städtischen Ausgleichsmaßnahmen?
„Ab 2001 wurde das Sondervermögen Naturschutz und Landschaftspflege eingerichtet, das fortan aus Ersatzzahlungen für Eingriffe in den Naturhaushalt Naturschutzmaßnahmen durchführt. Aufgrund der erfolgreichen Arbeit wurden zunehmend im größeren Umfang auch Ausgleichsmaßnahmen im Auftrag von öffentlichen und privaten Bauherren (Vorhabenträger) umgesetzt. Ich wurde als Geschäftsführer dieses Sondervermögens berufen und leite es noch heute mit meinen 11 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Unser Aufgabenspektrum reicht vom Erwerb privater Flächen bis hin zur Übernahme von städtischen Arealen, die für Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen geeignet sind. Denn eigentlich soll der Vorhabenträger seine Verpflichtungen zum Ausgleich selbst umsetzen, aber häufig fehlt es an speziellem Wissen und Kenntnissen über verfügbare Flächen. Wir beraten dann, suchen passende Flächen und bieten als Dienstleister die komplette Umsetzung an.“
Was ist Ihr Auftrag in und um Oberbillwerder?
„In Oberbillwerder setzen wir stark auf die Kooperation mit den ansässigen landwirtschaftlichen Betrieben, denn diese sollen die Ausgleichsflächen bewirtschaften und gleichzeitig im Sinne des Naturschutzes pflegen. Dafür erhalten sie eine langfristig abgesichert Bewirtschaftungsprämie. Ich sehe das auch als eine gesicherte Perspektive für die Betriebe. Sie haben die Stadt als verlässlichen Partner, der ihre Arbeit honoriert, wenn sie auf den Flächen ohne Pflanzenschutzmittel und Dünger arbeiten und nicht in der Brutzeit die Wiesen mähen. Die Landwirte müssen doch wirtschaftlich weiter existieren können.“
Was sehen die Ausgleichsmaßnahmen für Oberbillwerder vor?
„Rund 260 Hektar umfasst der Ausgleich für das Projektgebiet und die JVA Billwerder. Davon liegen 140 Hektar in Unterbillwerder, wo durch Neuordnung des Wasserhaushaltes viele Feuchtwiesen entstehen werden. Die anderen120 Hektar bilden Landschaftskorridor, Billebogen und Billeufer. Natürlich ist das Projekt Oberbillwerder ein erheblicher Eingriff in den Kulturlandschaftsraum. Lebensraum von Tieren fällt weg und wird verlagert. Die jetzigen Ackerflächen sind bedeutend für Offenlandarten wie die Feldlerche, haben aber einen geringen Biotopwert. Wir schaffen als Ausgleich hochwertige Naturschutzflächen, die für Flora und Fauna deutlich aufgewertet werden.“
Welche Hoffnung verbinden Sie mit Ihrer Arbeit für den Standort?
„Durch unsere Maßnahmen schaffen wir hochwertigen Ausgleich. So soll der Moorfrosch, eine Charakterart der Marschgräben, von den neuen Wasserständen deutlich profitieren. Ich hoffe, dass sich auch die Feldlerchen und andere Wiesenvogelarten in Oberbillwerders Nachbarschaft vermehrt ansiedeln und wohlfühlen werden. Um dem später zu hohen Besucherstrom vorzubeugen, haben wir für die neuen Naturschutzflächen keinen direkten Zugang vorgesehen. Zudem wird ein städtischer „Rangerdienst“, wie schon in der Boberger Niederung, nach dem Rechten schauen. Und auch das Boberger Dünenhaus soll als Ort der Information und Bildung erweitert werden. So bin ich mir sicher, dass rund um Oberbillwerder später während der Balzzeit mehr blubbernde Moorfrösche zu hören sind als heute und der Bestand der Feldlerche langfristig gesichert wird. Ihr Gesang ist für mich immer noch ein besonderes Erlebnis.“