Seit fast fünf Jahren koordiniert der studierte Stadtplaner für die IBA Hamburg die Quartiersentwicklung in Wilhelmsburg. Das bedeutet für ihn und sein Team viele Meetings mit Planern und Anwohnergespräche vor Ort. Im Blick dabei hat Hinz immer das große Ganze.
Wie funktioniert das Arbeiten für die Wilhelmsburger Projekte in Zeiten der Coronakrise?
Dank der digitalen Technik konnten wir uns recht schnell auf die neue Situation einstellen. Die Projekte laufen in vollem Umfang weiter, nur dass unsere sonst gewohnten Besprechungen auf dem IBA DOCK jetzt per Telefon- oder Videokonferenz abgehalten werden. Der fachliche Austausch mit den Planungsbüros und dem Bezirk ist zum Glück gut eingespielt.
Auch die baulichen Maßnahmen gehen bislang ohne große Einschränkungen
voran. Ob der Rückbau der alten Trasse (Wilhelmsburger Reichsstraße)
oder die Umgestaltung der Kleingärten im Elbinselquartier. Meine
Kolleginnen und Kollegen und ich sind abwechselnd aber regelmäßig vor Ort.
Sie leiten die Entwicklung auf der Elbinsel bereits seit 2015. Was macht Ihnen daran besonders Spaß?
Am Anfang betreute ich nur das Elbinselquartier. Das Spreehafenviertel und das Wilhelmsburger Rathausviertel kamen dann nach und nach hinzu und damit das Zusammenwachsen der drei Wilhelmsburger Quartiere mit ihren Wasserlagen zu einem großen Ganzen. Das ist spannend und faszinierend zugleich. Anspruchsvoll gestaltet sich auch der aufwendige Rückbau der Trasse, der Wilhelmsburg wieder zusammenwachsen lässt und richtig viel neue Grünflächen schafft.
Wir planen und bauen in Wilhelmsburg nicht auf der grünen Wiese, sondern mitten in einem gewachsenen städtebaulichen Bestand. Es ist eine komplexe Aufgabe Kleingärtner, Gewerbetreibende und Grundstückseigentümer zu überzeugen sowie alle ihre Belange zu berücksichtigen und dennoch mit dem Projekt im Zeitplan zu bleiben.
Besonders viel Spaß macht der Austausch mit den Menschen vor Ort. Wir
planen neben dem Wohnungsbau auch die gesamte Infrastruktur mit Kitas,
Schulen, Sportanlagen und Freiräume. Da gibt es immer Gesprächsbedarf.
Wie ist denn das aktuelle Stimmungsbild vor Ort?
Bisher sind wir hauptsächlich im Austausch mit privaten Grundstückseigentümern, Gewerbetreibenden und den Kleingärtnern. Mit Letzteren hat sich das Stimmungsbild positiv entwickelt. Das war nicht immer so. Bei Verlegungen von gewachsenen Strukturen ist es schwer bis unmöglich, es allen recht zu machen. Aber im Vergleich zu vor drei Jahren sind wir durch viele intensive Gespräche auf dem richtigen Weg.
Die Stimmung beim Gewerbe ist dagegen noch recht unterschiedlich. Einige Grundstückseigentümer interessieren sich sehr für gemischte Nutzungskonzepte aus kombiniertem Wohnen und Arbeiten. Es sind eher die angestammten Betriebe, die sich besorgt zeigen und nicht wissen, wie sie sich in die Quartierentwicklungen integrieren können. Da herrscht noch viel Redebedarf, aber ich bin sicher, dass wir auch hier praktikable Lösungen für alle Betroffenen finden werden.
Viele Bewohnerinnen und Bewohner Wilhelmsburg haben auch Bedenken, dass ihr Grün verloren geht oder versprochene bauliche Qualitäten nicht gehalten werden. Wir als IBA Hamburg müssen daher viel Überzeugungsarbeit leisten. Unsere qualitativen Ansprüche an den Städtebau und die Freiräume sind sehr hoch und die wollen wir unbedingt erfüllen. Daran werden wir uns dann auch eines Tages messen lassen müssen.
Bisher aber ist die Nachfrage nach neuem Wohnraum auf der Elbinsel
einfach riesig. Wir bekommen fast täglich E-Mails und Anrufe von
Interessenten sowohl für Eigentums- und auch Mietwohnungen und der
überwiegende Teil kommt aus Wilhelmsburg selbst.
Was sind die wesentlichen Entwicklungsschritte in diesem Jahr?
Bau- und Mietinteressierte müssen sich noch etwas gedulden. Frühestens 2021 ist mit einem Vermarktungsstart erster Flächen im Wilhelmsburger Rathausviertel und auch im Elbinselquartier zu rechnen.
Dafür laufen viele vorbereitende Maßnahmen weiter. Die
Neustrukturierung der Kleingartenanlagen werden wir in diesem Jahr fast
abgeschlossen haben. Beim Rückbau der alten Wilhelmsburger Reichsstraße
kommen wir sehr gut voran und werden aller Voraussicht nach im Herbst
die Brücke über dem Ernst-August-Kanal abbrechen.
Wie wünschen Sie sich die neuen Wilhelmsburger Quartiere in zehn Jahren?
Ich bin überzeugt, dass wir lebendige, grüne und ganz vielfältige Quartiere mit modernen Sportanlagen und spannenden Spielplätzen und Freizeitangeboten schaffen, die ein hohes Maß an baulicher Qualität bieten. Zudem werden wir bei der Integration des Radverkehrs neue Standards setzen. Ob im Eigentum oder im geförderten Wohnungsbau – mit all den attraktiven Angeboten im Quartier, mit Kitas, Schulen und Vereinen werden sich die Menschen hier wohlfühlen und hoffentlich einmal sagen: „Hier wollen wir nicht wieder weg.“